Bioökonomie

Die Grüne Biotechnologie ist eines der brisantesten und sensibelsten Themengebiete innerhalb der Agrarbranche. Verschiedene Innovationen, welche durch Gentechnik ermöglicht wurden, haben nicht nur ein hohes Potential für eine produktivere Landwirtschaft sondern implizieren kontroverse Diskussionen innerhalb der Gesellschaft. Weltweit wurden im Jahr 2012 über 160,4 Mio. Hektar mit GM-Technologie angebaut und ca. die Hälfte davon mit GM-Soja. Hauptsächlich wird GM-Technologie in Nord- und Südamerika angebaut. Die meisten Länder Europas stehen GM hingegen ablehnend gegenüber. Ziel des Lehrstuhls ist es, mit Hilfe empirischer Methoden das Potential und die Konsequenzen des Verzichtes von GM-Technologie aus produktions-, ressourcen- und vor allem auch soziökonomischer Sicht zu analysieren.

Projekte

Forschungsgegenstand von AWECOS ist die Identifizierung von vielversprechenden Zuchtstrategien für Winterweizen. Das Projekt unterstützt die Bioökonomie-Strategie 2030 im Hinblick auf das Ziel der wachsenden Bereitstellung von Nahrung und Biomasse aus nachhaltigen Anbausystemen und Produktionsmethoden, die Aspekte des Klimawandels und des Wissenstransfers werden ebenso berücksichtigt. Die Relevanz der Forschungsergebnisse weitet sich dementsprechend auch auf andere Weizenanbaugebiete der Erde und deren Bestrebungen, die Getreideproduktion (auch Biomasse) im Sinne der Welternährung zu steigern, aus. Zuchtvorhaben sind oftmals kontraproduktiv, insbesondere dann, wenn sich die angestrebten Zieleigenschaften entgegenstehen und der Zuchtprozess somit verlängert wird. AWECOS identifiziert die Vor- und Nachteile von Zuchtstrategien auf Hochleistung und Resistenzen in unterschiedlichen Anbausystemen. Die gewonnenen Kenntnisse dienen als Grundlage für die Wahl der passenden Strategie und unterstützen bei der Abwägung der unterschiedlichen Effekte bei widersprüchlichen Zielen. AWECOS wird von der Universität Halle-Wittenberg (MLU) in enger Zusammenarbeit mit dem Julius Kühn-Institut (JKI), der Technischen Universität München (TUM) und der Strube Research GmbH & Co. KG koordiniert. Außenstellen sind an der Humboldt Universität Berlin und der Hochschule für angewandte Wissenschaften Bingen (FH Bingen) geplant. Die Aufgaben des Lehrstuhls für Produktions- und Ressourcenökonomie landwirtschaftlicher Betriebe der Technischen Universität München (Prof. Dr. Sauer) lauten wie folgt:

  • Analyse der ökonomischen Aspekte, die die unterschiedlichen Strategien des Anbaus von Winterweizen und entsprechender Pflanzenschutzmaßnahmen auf Seiten der Erzeuger beeinflussen
  • Ökonomische Bewertung der unterschiedlichen Zuchtstrategien (Ertragssteigerung, Krankheitsresistenz, Temperaturtoleranz im Zuge des Klimawandels) für Winterweizen auf Betriebs- und Sektorenebene, einschließlich Umweltnutzen/-kosten und damit verbundener Unsicherheiten

AWECOS wird finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und läuft von 2015 bis 2018. (Dr. Hubert Pahl)

Im Rahmen des Landesprogramms BioRegio Bayern 2020 wurden bayerische Gemeinden zur Teilnahme am Wettbewerb „Staatlich anerkannte Öko-Modellregionen“ aufgefordert. Teilnehmende Gemeindeverbünde reichten ein Bewerbungskonzept ein, indem die Situation der (ökologischen) Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft dargestellt und regionale Konzepte mit Maßnahmen zur Stärkung und Entwicklung des Ökologischen Landbaus und des Einsatzes heimischer Öko-Lebensmittel erarbeitet wurden. Diese Konzepte beinhalten Maßnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette – landwirtschaftliche Erzeugung, Verarbeitung, Vermarktung, Gastronomie bis hin zur Bewusstseinsbildung bei den Menschen in der Region. Damit soll nicht zuletzt eine nachhaltige Regionalentwicklung initiiert werden. Die von einer Jury ausgewählten Öko-Modellregionen werden bei der Umsetzung durch die Landesanstalt für Landwirtschaft sowie das Amt für Ländliche Entwicklung in Bayern unterstützt.

Beginnend mit der Nominierung der Öko-Modellregionen folgt das Forschungsprojekt den Regionen über mindestens zwei Jahre. Der Lehrstuhl für Produktions- und Ressourcenökonomie der TU München untersucht gemeinsam mit dem Projektbüro mareg die verschiedenen Auswirkungen des Projekts. Zu diesem Zweck werden umfangreiche Umfragen durchgeführt und mit robusten qualitativen und quantitativen Methoden ausgewertet. Für die Identifizierung kausaler Effekte werden die Daten so erhoben, dass sowohl eine Analyse hinsichtlich „Differenz von Differenzen“ als auch eine „Regressions-Diskontinuitäts-Analyse“ möglich sind. Befragt werden Landwirte, Verarbeiter, kommunale Vertreter und Verbraucher. Für die Quantifizierung von Präferenzen werden Choice Experimente eingesetzt.

Das Projekt wird gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF). (Dr. Thomas Venus)

In den vergangenen zwanzig Jahren wurde die Ausweitung biobasierter Wertschöpfungsketten auf der Grundlage heimischer Rohstoffe in der Europäischen Union stark gefördert. Diese Schwerpunktsetzung sollte die Verwendung von Petrochemikalien reduzieren, den Klimawandel abschwächen, die Importabhängigkeit begrenzen und die heimische Wirtschaft unterstützen. Umgesetzt wurde und wird eben jene politische Strategie durch eine Vielzahl an EU-Initiativen und EU-Forschungsprogrammen, wie beispielsweise der kürzlich erfolgten Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens der biobasierten Industrien. Statistiken und Methoden zur Messung des Beitrags der Bioökonomie zur Erreichung gesamtgesellschaftlicher Ziele sind für manche Sektoren und Produkte, insbesondere jene, die Teil der Wertschöpfungskette von Lebens- und Futtermitteln, Zellstoff- und Papierprodukten sowie der Bioenergie sind, gut entwickelt. Anders stellt sich die Lage für neu entstehende Innovationsindustrien wie etwa den Chemie- und Werkstoffsektor dar, welcher Biomasse zu biobasierten Zwischen- und Endprodukten verarbeitet. Hier klafft eine beachtliche Informationslücke, die folgende Punkte umfasst:

(i) einen Mangel an umfassenden Datenbanken mit statistischen Daten zur industriellen Nutzung von Biomasse — derzeit existieren unterschiedliche Datenbanken mit unterschiedlichen Zielvorgaben, Datenbreiten und -tiefen;

(ii) eine fehlende Methodentransparenz bezüglich der Datensammlung — derzeit basieren bio-ökonomische Datensammlungen meist auf Industrieumfragen und Experteneinschätzungen;

(iii) ein Mangel an Daten und Indikatoren, die, in Wertschöpfungsketten integriert, den Fluss von Rohmaterialen und Industrie-Endprodukten veranschaulichen.

Übergeordnetes Ziel des Projekts zum Monitoring der Bioöknomie (BioMonitor) ist die Entwicklung eines Statistik- und Modellierungsrahmenkonzepts für die Bioökonomie, das effektiv (d.h. durch Stakeholder-Plattformen unterstützt) und robust (d.h. kompatibel mit und implementierbar in existierende Systeme von Statistik- und Zollämtern, Laboren und Industrien) ist. Das so entstehende Gerüst wird die Quantifizierung des Bioökonomiesektors durch eine Vielzahl an Indikatoren ermöglichen sowie dessen ökonomische, ökologische und soziale Bedeutung in der EU und ihren Mitgliedsländern erfassen. Verknüpfungen zu aktuellen Standardisierungsbemühungen biobasierter Produkte durch das Europäische Komitee für Normung werden von Projektbeginn an entwickelt.

BioMonitor wird ein konzeptionelles Daten- und Modellierungskonzept entwickeln und bewerten, um quantitative Evidenz (Indikatoren) für ökonomische, ökologische und soziale Auswirkungen des Übergangs zur Bioökonomie zu liefern. Das Projektkonsortium wird:

(i) ein systematisches Monitoring aufbauen und Auswirkungsbeweise während der Projektlaufzeit liefern;

(ii) solide Vorhersagen bis 2030 erstellen und

(iii) Konzepte und Strategien entwickeln, um die Datenkompatibilität mit europäischen und internationalen Datenbanken (z.B. Eurostat, FAOSTAT, PSD) zu erhöhen und eine Implementierung in öffentlichen Einrichtungen sicherzustellen.

(Dr. Maria Vrachioli, Benz Xinqi Zhu)